A. Gesetzeswortlaut von § 6 TMG

§ 6 Besondere Informationspflichten bei kommerziellen Kommunikationen

(1) Diensteanbieter haben bei kommerziellen Kommunikationen, die Telemedien oder Bestandteile von Telemedien sind, mindestens die folgenden Voraussetzungen zu beachten:

1. Kommerzielle Kommunikationen müssen klar als solche zu erkennen sein.

2. Die natürliche oder juristische Person, in deren Auftrag kommerzielle Kommunikationen erfolgen, muss klar identifizierbar sein.


3. Angebote zur Verkaufsförderung wie Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke müssen klar als solche erkennbar sein, und die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme müssen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden.


4. Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter müssen klar als solche erkennbar und die Teilnahmebedingungen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden.

(2) Werden kommerzielle Kommunikationen per elektronischer Post versandt, darf in der Kopf- und Betreffzeile weder der Absender noch der kommerzielle Charakter der Nachricht verschleiert oder verheimlicht werden. Ein Verschleiern oder Verheimlichen liegt dann vor, wenn die Kopf- und Betreffzeile absichtlich so gestaltet sind, dass der Empfänger vor Einsichtnahme in den Inhalt der Kommunikation keine oder irreführende Informationen über die tatsächliche Identität des Absenders oder den kommerziellen Charakter der Nachricht erhält.

(3) Die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb bleiben unberührt.



B. Inhaltsverzeichnis
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I.  Europarecht / Historie

II.  Voraussetzungen für die kommerzielle Kommunikation

1. Allgemeine Begriffe
2. Klare Erkennbarkeit des kommerziellen Charakters (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG)

3. Klare Identifizierbarkeit des Auftraggebers (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 TMG)
4. Besonderheiten: Angebote zur Verkaufsförderung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG)
5. Besonderheiten: Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG)
6. Besonderheiten: E-Mail-Werbung (§ 6 Abs. 2 TMG)

III. Verhältnis zum UWG

C. Literatur



I.  Europarecht / Historie

Das Telemediengesetz wurde geschaffen, um die vormals getrennten Regelungen des Teledienstegesetzes (TDG), des Teledienstedatenschutzgesetzes (TDDSG) und des Mediendienste-Staatsvertrags (MDStV) zusammen zu führen. Dabei enthält der vorliegende § 6 in den Absätzen 1 und 3 die vormals in § 7 TDG und § 10 Abs. 4 MDStV enthaltenen Regelungen bezüglich der Informationspflichten bei kommerziellen Kommunikationen.

II.  Voraussetzungen für die kommerzielle Kommunikation

1. Allgemeine Begriffe

a. Diensteanbieter

Für die Erläuterung des Begriffs „Diensteanbieter“ wird auf die Darstellung zu § 5 TMG unter Ziff. II.1 und II.2 verwiesen.

b. Kommerzielle Kommunikation

Die zu bewertende Kommunikation muss kommerzieller Natur sein. Nachrichten eines Verbrauchers im Sinne von § 13 BGB unterfallen dem Regelungsgehalt des § 6 TMG daher nicht. Der kommerzielle Hintergrund einer Nachricht ergibt sich daraus, dass sie zu Werbezwecken versandt wird (Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, TMG, § 6, Rn. 108). Im Übrigen kann auf die Legaldefinition des Gesetzgebers in § 2 Nr. 5 TMG zurückgegriffen werden:

„Im Sinne dieses Gesetzes ist kommerzielle Kommunikation jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt; die Übermittlung der folgenden Angaben stellt als solche keine Form der kommerziellen Kommunikation dar:
a) Angaben, die unmittelbaren Zugang zur Tätigkeit des Unternehmens oder der Organisation oder Person ermöglichen, wie insbesondere ein Domain-Name oder eine Adresse der elektronischen Post,
b) Angaben in Bezug auf Waren und Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden.“

c. Telemedien

Für die Erläuterung des Begriffs „Telemedien“ wird ebenfalls auf die Darstellung zu § 5 TMG unter Ziff. II.1 und II.2 verwiesen.

2. Klare Erkennbarkeit des kommerziellen Charakters (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG)

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG müssen kommerzielle Kommunikationen, gleich ob als Telemedium oder Bestandteil eines Telemediums verbreitet, klar erkennbar sein.

Der Empfänger einer kommerziellen Kommunikation soll auf den ersten Blick erkennen können, worum es sich handelt (Werbung), ohne dass er sich eingehender mit dem Inhalt befassen muss. Gemäß der Gesetzesbegründung bedeutet klare Erkennbarkeit daher, dass die kommerzielle Kommunikation von anderen Inhalten bzw. Informationen abgehoben ist (Entwurf eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr, BT-Drs. 14/6098, S. 22).

Die Verschleierung oder Nichterkennbarkeit von Werbemaßnahmen gegenüber Verbrauchern wird damit erheblich erschwert bzw. unmöglich gemacht, da durch diese Regelung ein Trennungsgebot zwischen kommerzieller Kommunikation und sonstigen Inhalten realisiert wird. Verstöße gegen das Erfordernis der klaren Erkennbarkeit sind in der Regel gleichzeitig Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht und können entsprechend verfolgt oder geahndet werden. Kommerzielle Kommunikation ist in der Folge als „Werbung“ oder „Anzeige“ zu kennzeichnen.

Führen Links im Internet aus einem redaktionellen Inhalt heraus auf eine Werbeseite, muss dies bereits am Link selbst deutlich erkennbar sein (OLG München, Urteil vom 17.03.2009, Az. 33 O 2958/08). Anderenfalls handele es sich um unzulässige getarnte Werbung, welche gegen § 4 Nr. 3 UWG a.F. (jetzt § 5a Abs. 6 UWG) verstößt. Dies gilt auch für eine als „Pressemitteilung“ aufgemachte Werbung, die in ein redaktionelles Angebot eingebunden wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.12.2011, Az. I-20 U 171/11).

Für eine Internetseite, welche im Ganzen als Werbeseite fungiert, genügt es, wenn das Wort „Anzeige“ am oberen Bildschirmrand eingeblendet wird, sofern das Wort „Anzeige“ beim Scrollen nach unten „mitwandert“ (OLG Köln, Urteil vom 09.08.2013, Az. 6 U 3/13).

3. Klare Identifizierbarkeit des Auftraggebers (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 TMG)

Weiterhin muss bei kommerzieller Kommunikation der Auftraggeber der Kommunikationen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 TM klar identifizierbar sein. Bei dem Auftraggeber handelt es sich entweder um eine natürliche oder aber eine juristische Person, die für die Kommunikation verantwortlich ist. Für den Empfänger muss ohne Zweifel oder Mühe erkennbar sein, wessen kommerzielle Kommunikation er zur Kenntnis nimmt.

Für die Identifizierbarkeit ist ausreichend, wenn z.B. bei einem elektronischen Werbebanner entweder Name, Firma oder Unternehmenskennzeichen auf diesem Banner erscheinen. Wird der Auftraggeber nicht in direktem Zusammenhang mit der Kommunikation genannt, genügt es, wenn der Zugang zu den Anbieterinformationen jederzeit und ohne großen technischen Aufwand gewährleistet ist (Entwurf eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr, BT-Drs. 14/6098, S. 22). Dieses Erfordernis kann mit einem dauerhaften Link (z.B. „Impressum“) auf der Webseite, welche die kommerzielle Kommunikation enthält, gewährleistet sein. Sind jedoch zu viele „Klicks“ über mehrere Unterseiten erforderlich, um die Anbieterinformationen auffinden und zur Kenntnis nehmen zu können, ist eine klare Identifizierbarkeit nicht mehr gegeben. Das LG Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urteil vom 29.01.2003, Az. 34 O 188/02) stellt dazu fest:

„Da die entsprechenden Angaben erst auf einem dem Nutzer nicht ohne weiteres und schon gar nicht leicht erkennbaren Weg in mehreren Schritten durch Anklicken auf mehreren Seiten auf der vierten Website zu erhalten waren, kann von leicht erkennbaren und unmittelbar erreichbaren Informationen nicht gesprochen werden.“

Die notwendigen Informationen für eine ausreichend klare Identifizierbarkeit ergeben sich aus § 5 Abs. 1 TMG. Unvollständige oder fehlende Angaben sind ebenfalls ein wettbewerbsrechtlich relevanter Verstoß. Für kommerzielle Kommunikationen auf einer Webseite müssen die Angaben zur Identifizierbarkeit zudem von Anfang an vorhanden sein und dürfen nicht erst später hinzugefügt werden (LG Hamburg, Urteil vom 19.08.2010, Az. 327 O 332/10). Das LG Hamburg weist auch darauf hin, dass bei Nennung mehrerer Ansprechpartner oder Kontaktangaben deutlich herausgestellt werden muss, wer der Verantwortliche für den Telemediendienst ist, anderenfalls seien die Angaben widersprüchlich.

4. Besonderheiten: Angebote zur Verkaufsförderung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG)

Für kommerzielle Kommunikationen in Form von Angeboten zur Verkaufsförderung zählt § 6 Abs. 1 Nr. 3 Beispiele in Form von Preisnachlässen, Zugaben und Geschenken auf. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Für solche Angebote statuiert § 6 Abs. 1 Nr. 3 die Pflicht, das sie klar als Maßnahmen der Verkaufsförderung erkennbar und die Bedingungen für die Inanspruchnahme dieser Angebote in leicht zugänglicher Weise sowie klar und unzweideutig anzugeben sind. Für potentielle Kunden muss also klar erkennbar sein, unter welchen Voraussetzungen sie in den Genuss der angebotenen Vergünstigungen oder Sondergaben kommen können (z.B. Angabe von Daten wie Wohnort oder Alter). Auch die Dauer oder eine mögliche andere Beschränkung des Angebots muss sich unzweifelhaft und unmittelbar für den Kunden darstellen.

Parallelen für Informationsdienste in Telemedien bestehen bei Verkaufsförderungsmaßnahmen in Printwerbung. Dort genügt es in Analogie zu § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG nicht, lediglich einen Sternchenhinweis auf weitere Erläuterungen auf einer Internetseite zu setzen (OLG Bamberg, Urteil vom 22.06.2016, Az. 3 U 18/16). Auf diese Weise wird dem Kunden bzw. Verbraucher eine mühelose Information verwehrt und er muss sich – allein um die Bedingungen des Angebots zu erfahren – bereits eingehend damit beschäftigen. Ebenso entschied zuvor das OLG Karlsruhe für eine Zeitungswerbung (OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.07.2015, Az. 4 U 49/15). Auf Grund der von den Gerichten gewählten Analogie zum TMG hat dies erst Recht zu gelten für elektronisch versandte Angebote zur Verkaufsförderung, die nicht mit der betreffenden Internetseite aktiv verlinkt sind.

Für das Angebot einer Geld-zurück-Garantie in einem Webshop, welche ebenfalls als Angebot zur Verkaufsförderung einzuordnen ist, gelten ebenfalls die strengen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG. Werden die Informationen für die Geltung und die Voraussetzungen der Inanspruchnahme der Geld-zurück-Garantie zwar auf einer Unterseite in Shop vorgehalten, fehlt es jedoch an einer direkten Verlinkung oder anderweitigen Führung des Kunden auf diese Informationen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Werbung, sind die Anforderungen an die notwendige Transparenz nicht erfüllt (LG Berlin, Urteil vom 29.10.2013, Az. 15 O 157/13).

5. Besonderheiten: Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG)

In § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG werden die Bedingungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG in Hinblick auf Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter konkretisiert. Auch für solche Werbemaßnahmen gilt, dass diese klar als solche erkennbar sein müssen sowie, dass die Teilnahmebedingungen in leicht zugänglicher Weise sowie klar und unzweideutig anzugeben sind.

Preisausschreiben und Gewinnspiele sind als Werbemaßnahmen anzusehen, wenn sie der Förderung des Erscheinungsbildes des werbenden Unternehmens oder dem Produktabsatz dienen sollen. Für die klare Erkennbarkeit und leichte Zugänglichkeit der Informationen gilt das zu § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG Gesagte. Für § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG spielen inhaltlich insbesondere Informationen eine Rolle, die den Kunden bzw. Verbraucher über die Modalitäten des Preisausschreibens oder Gewinnspiels aufklären, wie z.B. Einsendeschluss für Lösungen, Auswahlkriterien für Gewinner oder Zeit und Ort der Übergabe von möglichen Gewinnen. Ebenfalls muss für den Kunden unzweideutig und mühelos ersichtlich sein, ob die Teilnahme mit dem Erwerb von Waren oder Dienstleistungen verbunden ist.

Eine solche Kopplung von Warenabsatz und Gewinnspiel ist nicht per se verboten; das in § 4 Nr. 6 UWG a.F. konstituierte generelle Kopplungsverbot war bereits durch den EuGH (EuGH, Urteil vom 14.01.2010, Az. C-304/08) für unzulässig erklärt worden. Eine Kopplung solcher Angebote muss allerdings im Einzelfall daraufhin geprüft werden, ob sie wettbewerbsrechtlich rechtmäßig ist, wenn z.B. ein Verbraucher in unlauterer Weise wesentlich beeinflusst werden könnte (BGH, Urteil vom 12.12.2013, Az. I ZR 192/12).

Auch wenn ein angebotenes Preisausschreiben/Gewinnspiel keinen eindeutigen Werbecharakter für ein Unternehmen aufweist, ist auf Grund einer EU-richtlinienkonformen Auslegung des Art. 6 lit. d der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (EU-RL 2000/31 EG) von der Geltung der Informationspflichten des § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG auszugehen (Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, TMG, § 6, Rn. 59). Für die Vermittlung von Lotto-Spielgemeinschaften erachtete das OLG Düsseldorf ein Angebot für rechtswidrig, welches den Spielteilnehmer vor Vertragsschluss nicht auf den für die Spielteilnahme an den Lotterieveranstaltungen weiterzuleitenden Betrag – und damit die tatsächliche Höhe der von der gewerblichen Spielvermittlerin einbehaltenen Servicegebühren und sonstigen Serviceentgelte – hinwies sowie den Veranstalter der Lotterie nach Vermittlung des Spielauftrags nicht unverzüglich mitteilte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.06.2007, Az. VI-U (Kart) 26/06).

6. Besonderheiten: E-Mail-Werbung (§ 6 Abs. 2 TMG)

Nach § 6 Abs. 2 TMG darf der werbende Charakter einer E-Mail nicht verheimlicht oder verschleiert werden. Gerichtet ist diese gesetzliche Regelung gegen Versender von Werbe-E-Mails, welche durch eine bewusst undurchsichtige Gestaltung ihrer E-Mails technische oder organisatorische Maßnahmen des Empfängers gegen den Empfang von unerwünschter E-Mail-Werbung (etwa Spam-Filter) zu umgehen versuchen (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3078, S. 15).

a. Kommerzielle Kommunikationen per elektronischer Post

aa. Kommerzielle Kommunikation

Die zu bewertende Kommunikation muss kommerzieller Natur sein. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II 1 b. verwiesen.

bb. Elektronische Post

Im Gegensatz zu „kommerzieller Kommunikation“ wird der Begriff der „elektronischen Post“ im Telemediengesetz nicht erläutert. Pries (in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, 2014, § 6 TMG, Rn. 13) reduziert unter fälschlicher Annahme einer generell fehlende Legaldefinition den Begriff der „elektronischen Post“ etwas missverständlich auf die „E-Mail“. Die Gesetzesbegründung spricht sinnvollerweise dagegen allgemeiner von „elektronischen Werbe-Nachrichten“ (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3078, S. 16). Der Gesetzgeber hat den Begriff der „elektronischen Post“ in Art. 2 S. 2 lit. h der Richtlinie über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (EU-RL 2002/58/EG, sog. Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) definiert: Danach ist „elektronische Post“ jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird.“ Köhler (in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 7, Rn. 196) spricht im Rahmen seiner Kommentierung des wettbewerbsrechtlichen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG im Zusammenhang mit der „Werbung per elektronischer Post“ von E-Mail, SMS und MMS, was jedoch – insbesondere auf Grund der abnehmenden Bedeutung dieser Kommunikationsformen – ebenfalls zu kurz greifen dürfte. Dagegen ist Köhlers Darstellung der Funktionsweise der elektronischen Post (in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 7, Rn. 197: „Der elektronische Datenaustausch findet über einen Diensteanbieter [Provider] statt. Die Teilnehmer benötigen einen mit individueller Adresse ausgestatteten elektronischen Briefkasten [Mailbox], der ihnen von einem Diensteanbieter zur Verfügung gestellt wird„) zu eng. Nachrichten zwischen Nutzern (Post) wird zunehmend über soziale Netzwerke und sog. Messenger-Apps (wie Whatsapp) auf Smartphones verschickt. Da kein Grund ersichtlich ist, derartige Nachrichtenformen vom Begriff der elketronischen Post auszunehmen, zumal der Belästigungsfaktor vergleichbar ist, ist § 6 Abs. 2 TMG dahingehend weit zu interpretieren, dass er sich auf jede Form von Werbung bezieht, die nicht in einem persönlichen mündlichen Austausch zwischen zwei oder mehr Personen (ohne Zwischenspeicherung) oder herkömmlich ausgedruckter Werbung auf Papier besteht.

b. Verschleierung

Der Begriff der Verschleierung ist in § 6 Abs. 2 S. 2 TMG gleichsam legaldefiniert. Ein Verschleiern liegt demnach dann vor, wenn die Kopf- und Betreffzeile absichtlich so gestaltet sind, dass der Empfänger vor Einsichtnahme in den Inhalt der Kommunikation eine irreführende Informationen über die tatsächliche Identität des Absenders oder den kommerziellen Charakter der Nachricht erhält. Ob eine Irreführung vorliegt ist nach dem sog. Transparenzgebot zu bestimmen (Pries (in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, 2014, § 6 TMG, Rn. 18; Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, TMG, § 6, Rn. 59).

Eine Verschleierung der Absenderinformationen ist zum Beispiel gegeben, wenn die Absenderangaben suggerieren, die Nachricht stamme von einer offiziellen Stelle (z. B. „Staatsanwaltschaft München“), von einem Geschäftspartner oder aus dem Freundeskreis des Empfängers, der Spammer zu seiner Tarnung falsche oder nicht existente IP-Adressen in die Absenderinformationen seiner Mail einträgt oder in den Absenderinformationen die Adresse des Absenders durch die Adresse des Empfängers oder einer sonstigen Person ersetzt wird (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3078, S. 15). Bereits das Vortäuschen eines menschlichen Absenders durch ein vermeintliches Standrd-e-Mail-Programm soll den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 2 TMG eröffnen (Schirmbacher, VuR 2007, 57, 58; anders: Schmittmann/Lorenz, K&R 2007, S. 609, 614).

Es kommt also nicht darauf an, ob die Verschleierung den Absender oder den Inhalt der Nachricht („Betreff“) befasst. Wenn in der Betreffzeile bewusst irreführende Aussagen (z. B. „letzte Mahnung“, „Achtung, besonders dringend!“, „Ihr Strafverfahren Aktenzeichen XY“) gemacht werden, um über den kommerziellen Charakter der Nachricht zu täuschen, ergeben sich nach Auffassung des Gesetzgebers die gleichen Probleme wie bei der Verheimlichung oder Verschleierung des Absenders: Die Entscheidungsfreiheit des Empfängers soll beeinflusst werden, um möglichst hohe Öffnungsraten zu erzielen“ (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3078, S. 16).

c. Verheimlichung

Auch der Begriff der Verheimlichung ist in § 6 Abs. 2 S. 2 TMG legaldefiniert. Ein Verheimlichen liegt somit dann vor, wenn die Kopf- und Betreffzeile absichtlich so gestaltet sind, dass der Empfänger vor Einsichtnahme in den Inhalt der Kommunikation keine Informationen über die tatsächliche Identität des Absenders oder den kommerziellen Charakter der Nachricht erhält.

Von dem Verbot der Absenderverheimlichung sind diejenigen Nachrichten erfasst, die überhaupt keine Angaben zur Identität des Versenders enthalten. Ein Fall der Verheimlichung liegt zum Beispiel vor, wenn der Versender die Absenderzeile im Header nicht ausgefüllt, den Header vollständig entfernt oder die Nachricht durch Versendung über einen sog. Remailer (Onlinedienst zur Entpersonalisierung von E-Mails) anonymisiert hat (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3078, S. 15).
d. Absicht
§ 6 Abs. 2 TMG soll sich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf Bagatellfälle beziehen, in „denen beispielsweise kleine Unternehmen versehentlich irreführende Angaben machen, weil sie sich vorher über die Anforderungen bei den Informationspflichten bei kommerziellen Kommunikationen nicht hinreichend in Kenntnis gesetzt haben“ (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3078, S. 16). Sanktioniert werden sollen stattdessen vor allem diejenigen Wettbewerber, denen es auf die Täuschung des Empfängers ankommt. Daher konkretisiere § 6 Abs. 2 Satz 2 das Verschleiern und Verheimlichen durch das Erfordernis der Absicht (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3078, S. 16). Dieses in durchaus positiver Absicht eingefügte Zusatzkriterium führt bei der Verfolgung von rechtswidriger elektronischer Werbekommunikation zu nahezu unüberwindbaren Hindernissen, da dieses subjektive, innere Tatbestandsmerkmal kaum nachzuweisen sein wird (Möller, WRP 2010, S. 321, 325; Pries in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, 2014, § 6 TMG, Rn. 22; Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, TMG, § 6, Rn. 117 f.). Es ist vielmehr davon auszugehen, dass Absender sich unwiderleglich mit der Schutzbehauptung eines Versehens verteidigen werden. Der Grund für die gesetzliche Einschränkung in Form eines absichtlichen Verhaltens ist nicht nachvollziehbar zumal in der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung der Einwand, man habe sich über die geltenden gesetzlichen Informationspflichten nicht hinreichend informiert und das gesetzliche Verbot nicht erkannt, nicht als zulässige Exkulpation gewertet wird (zusammenfassend für das Wettbewerbsrecht: Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage, 2016, § 3a, Rn. 1,89); auf die für Bagatellfälle gedachte Relevanzklausel des § 3a UWG, die in der Rechtsliteratur umfangreich diskutiert wird, wird in der Gerichtspraxis so gut wie überhaupt nicht zurückgegriffen (krit. auch Hoeren, NJW 2007, 801, 804).

e. Absender

Als Absender gilt nicht der in der elektronischen Post angegebene Absender, sondern vielmehr der tatsächliche Veranlasser der jeweiligen elektronischen Werbenachricht (Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, TMG, § 6, Rn. 106; Pries in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, 2014, § 6 TMG, Rn. 13).

III. Verhältnis zum UWG

Die Norm des § 6 Abs. 2 TMG lässt die bereits bestehenden Regelungen gegen unerwünschte Werbung unberührt. Der Schutz der Empfänger von kommerziellen Kommunikationen – insbesondere der Verbraucher – wird hier durch höhere Transparenzanforderungen an die Versender von kommerziellen Kommunikationen mittels elektronischer Post gestärkt (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3078, S. 16).

Zu den bereits bestehenden Regelungen gegen unerwünschte Werbung zählt § 7 UWG, wobei insbesondere auf die Einzelregelung des § 7 Abs. 2 Nr. 4a UWG hinzuweisen ist.

§ 7 Unzumutbare Belästigungen

(1) Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.

(2) Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen

1. bei Werbung unter Verwendung eines in den Nummern 2 und 3 nicht aufgeführten, für den Fernabsatz geeigneten Mittels der kommerziellen Kommunikation, durch die ein Verbraucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht wünscht;
2. bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung,
3. bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt, oder
4. bei Werbung mit einer Nachricht,
a) bei der die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder
b) bei der gegen § 6 Absatz 1 des Telemediengesetzes verstoßen wird oder in der der Empfänger aufgefordert wird, eine Website aufzurufen, die gegen diese Vorschrift verstößt, oder
c) bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
(3) Abweichend von Absatz 2 Nummer 3 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn
1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Wettbewerber, anerkannte Klageverbände, qualifizierte Einrichtungen gemäß der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes, Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 – 4 UWG) können gerichtlich Beseitigung und Unterlassung (§ 8 Abs. 1 UWG) sowie Schadenersatz verlangen (§ 9 UWG). Zudem besteht ein Gewinnabschöpfungsanspruch  gemäß § 10 UWG. Darüber hinaus verzichtet das UWG jedoch auf staatliche Sanktionen (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3078, S. 15). Bußgeldvorschriften bei unzumutbaren Belästigungen finden sich zwar in § 20 UWG, allerdings nur bei Telefonanrufen (§ 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG i.V.m. § 20 Abs. 2 UWG) oder Verwendung einer autmatischen Anrufmaschine (§ 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG i.V.m. § 20 Abs. 2 UWG), welche wiederum von § 6 TMG wiederum nicht erfasst sind.

Beachtlich ist LG Bonn, Urteil vom 03.01.2013, Az. 14 O 165/12 , wonach die Grenze zu einer unzulässigen Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG überschritten wird, wenn ein anrufender Headhunter einen Mitarbeiter des Arbeitgebers über seine Identität täuscht (Rechtsgedanke aus §§ 6 TMG, 5 a Abs. 3 Nr. 2; 7 Abs. 2 Nr. 4 UWG). Entsprechendes gilt für die Subsumtion unter § 7 Abs.1 UWG: Bei einer Identitätstäuschung des Headhunters wird der Arbeitgeber auch unzumutbar belästigt, denn es ist ein elementarer Grundsatz wettbewerblichen Anstands, dass der Wettbewerbsteilnehmer sich offen zu seiner Identität bekennt und diese nicht verbirgt (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2004, 25 – zu §§ 1,3 UWG a.F., 35 a GmbHG).

C. Literatur

Hoeren, Das Telemediengesetz,
NJW 2007, 801

Möller, Die Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Direktmarketings,
WRP 2010, 321

Roßnagel, Das Telemediengesetz – Neuordnung für Informations- und Kommunikationsdienste,
NVwZ 2007, S. 743, 746

Schirmbacher, Der Schutz des Verbrauchers vor unerbetener Werbung per E-Mail,
VuR 2007, 54

Schmittmann/Lorenz, E-Mail-Werbung nach Inkrafttreten des TMG,
K&R 2007, 609

Schmitz, Übersicht über die Neuregelung des TMG und des RStV,
K&R 2007, 135